Rest in Peace
Die SMX war großartig. Und dass, obwohl es in vielen Vorträgen um den Tod ging. Ja, tatsächlich. Dem Abgesang auf Google wurde u.a. von Keynote-Speaker Rand Fishkin nachdrücklich ein Riegel vorgeschoben und auch SEO ist entgegen manchen Behauptungen alles andere als tot.
Dafür liegt dein Website-Traffic über (egal welche Art von) Suchmaschinen im Sterben und wird sich auch nicht reanimieren lassen. Aus dem gleichen Grund sollten wir den Traffic im allgemeinen und Metriken wie Impressionen oder Klicks als KPIs beerdigen. Aber fangen wir von vorne an: Mein vor Leben strotzender Recap zur SMX 2025 in München.
Qual der Wahl
Auf Europas größter Suchmarketing-Konferenz für Professionals war es unmöglich alles mitzunehmen. 2 Tage lang, bis zu sieben parallel laufende Tracks, 4 Keynotes, 92 Speaker und Speakerinnen, unzählige Learnings sowie Insights von Experten und Expertinnen aus aller Welt – ich hätte mindestens 5 Klone gebraucht, um diesem Input gerecht zu werden.
Bei so viel Qualität war das Networken vor, zwischen und nach den einzelnen Slots besonders spannend, auch um von den Vorträgen noch etwas mitzubekommen, denen ich nicht persönlich beiwohnen konnte. Was sich von den Bühnen der SMX bei mir am nachhaltigsten eingeprägt hat?
The End of traffic as we know it
Den Anfang machte kein Geringerer als Rand Fishkin, der sich trotz des Ablebens unseres Traffics ziemlich gut fühlt. Traffic sollte einfach nicht mehr das Ziel sein. Auf über 100 Folien knallte uns der SparkToro CEO in seiner Keynote eine spannende Statistik bzw. Studie nach der anderen um die Ohren.
Zum Beispiel, dass die organische Reichweite und auch die Engagement Rates aller großen Social Media Plattformen seit längerem im Sinkflug sind und TikTok, mit einer durchschnittlichen Rate von wenig begeisternden 2,63%, noch an der Spitze der Nahrungskette steht.
Todgesagte leben länger
Oder dass die Suchanfragen auf Google im Jahr 2024 um 21,64% gestiegen sind, was dem Gesamtvolumen an Anfragen von 4 ChatGPTs entspricht und Google 373 Mal so viele Suchanfragen wie ChatGPT bescheinigt. Todgesagte leben bekanntlich länger. Unseren Traffic bewahrt das aber leider nicht vor dem Ableben.
Denn parallel ist die Anzahl der 0-Klick-Suchen in Europa auf 59,7% gestiegen und durch die Einführung von AI Overviews in der Google Suche, dem KI-Chatbot bzw. LLM von Google, wird dieser Wert weiter deutlich steigen. Google wird nicht sterben. Google wird uns nur immer weniger Traffic vermitteln.

Alles aber kein Grund zur Sorge, sagt Rand Fishkin. Wir Marketer müssen einfach nur unseren Job machen und die richtigen Menschen dort erreichen, wo sie sich aufhalten, ganz unabhängig davon, wo das genau ist. Omni-Channel-Marketing und mehr Diversität im Kanal-Mix sind die Zukunft.
Das Ende der Google Ära
Tom Anthony sah das in seinem starken Vortrag ähnlich, prophezeite aber neben der Beerdigung des Traffics auch das Ende der Google Ära. Einfach weil 10 blaue Links heute nicht mehr genug sind und Perplexity, ChatGPT und Co dem Monopolisten von Alphabet das SEARCH-Monopol schon streitig gemacht haben.
Allein die Tatsache, dass LLMs die Ranking-Reihenfolge umgehen und nicht nur Quellen zitieren, die sich auf den Positionen 1,2,3 und 4 in den organischen SERPS wiederfinden, verändert das Spiel wesentlich.
App Search statt Web Search
Der CTO von SearchPilot verdeutlichte auch, dass die Web-Suche für jüngere Generationen nicht mehr selbstverständlich ist und vielmehr der Griff zur „App-Suche“ präferiert wird. Egal, ob z.B. auf dem iPhone die Suche genutzt wird und Ergebnisse aus den installierten Apps angezeigt werden oder die Suche auf TikTok erfolgt.
Google ist kein Automatismus mehr, sondern eine von vielen Optionen. Die Diversität der Möglichkeiten sollte sich deshalb auch in deiner Online-Marketing-Strategie widerspiegeln, wenn du langfristig erfolgreich sein willst.
Die Realität im B2B-Mittelstand sieht anders aus
In ihrem Track mit dem Fokus auf B2B Workflows im SEO-Bereich haben Stefan Godulla und Markus Hövener auf etwas hingewiesen, was ich aus eigener Erfahrung nur unterstreichen kann: Bei all dem Hype und potenziellen Use-Cases von KI und LLMs sieht die Realität im deutschen Mittelstand einfach anders aus.
Weit entfernt von den Buzzwords der Marketing-Bubble fehlt es hier SEO-technisch oft noch an den oft zitierten Basics und die effektive Umsetzung von unpopulären SEO-Grundlagen, wie H1-, Meta- oder hreflang-Tags, erzielt nach wie vor einen großen Impact mit verhältnismäßig wenig Aufwand.
Zeig endlich Emotionen!
Die zweite Keynote des ersten Tages zeigte dem vorherrschendem Thema KI ebenfalls die Kalte Schulter, denn Talia Wolf belegte mit zahlreichen Beispielen, dass vor allem Emotionen Produkte und Services verkaufen und keine KI.
Es ist wunderbar automatisierte Prozesse zu haben und genauso schön, jede Menge Daten deiner Zielgruppe zu sammeln und auszuwerten. Aber wenn deine Anzeige und deine Ansprache deine Zielgruppe emotional weder anspricht noch abholt, werden sie nicht gut konvertieren.
Clean your data!
Helen Pollitt, Head of SEO von Getty Images, sprach mir ein wenig aus dem Herzen, als sie mit „Clean your data“ auf die Frage von Moderatorin Jana Lavrov antwortete, welche Empfehlung sie aus ihrem Vortrag priorisieren würde. Alle reden über LLMs, KI-Chatbots und wie hoch deren Relevanz auch für das Online-Marketing ist, aber fast niemand erfasst entsprechende Daten.

Um die aktuelle Relevanz für dein Unternehmen besser einschätzen und die weitere Entwicklung monitoren zu können, solltest du z.B. Google Analytics so konfigurieren, dass Traffic von generativen Suchmaschinen wie ChatGPT als eigener Channel ausgewiesen wird.
So fresh and so clean
Fabrice Canel von Microsoft schloss sich in seinem sehr aufschlussreichen Track Rand Fishkin an und war ähnlich gelassen, denn während der Traffic weiter sinkt, wird aus seiner Sicht die Qualität des verbleibenden Traffics steigen, weshalb wir wegen weniger Besuchern und Besucherinnen keine Panik bekommen sollten.
Neben vielen spannenden Insights zu Microsoft Tools wie IndexNow betonte er außerdem die Relevanz von Content Freshness als Ranking-Faktor und den positiven Einfluss von UGC (User-gererated-Content) auf die Sichtbarkeit einer Marke. Die Popularität der Brand und damit Konzepte wie E-E-A-T stehen immer mehr im SEO-Fokus – auch das ist eines der Echos der SMX.
Ganz großes SEO-Kino
Was Johan von Hülsen und Dr. Mario Fischer zum Ende des ersten Tages abfackelten, war dann einfach nur ganz großes Kino, oder besser ein pädagogisch äußerst wertvolles Theaterstück mit hohem Entertainment-Faktor.
Mit der Hilfe von dutzenden Statisten aus dem Publikum, welche die Rolle von Twiddlern, Alexandria, NavBoost oder Glue übernahmen, erklärten die beiden einen extrem komplexen Sachverhalt, nämlich die Funktionsweise von Google als Suchmaschine, auf die vermutlich leicht verständlichste Weise.
Endlich verstehen wir die Suchmaschine
Normalerweise führt ein Vortrag über die Dekonstruktion von Google schnell zu Kopfschmerzen und in Windeseile zu Konzentrationsstörungen. Dass es ganz anders geht und sogar noch richtig Spaß machen kann, haben Mario und Johan auf der SMX bewiesen.
Wer mit Begrifflichkeiten wie Twiddler noch nichts anfangen kann, schon immer mal unter die Motorhaube der Suchmaschine blicken wollte oder einfach SEO endlich verstehen will, der oder die muss, ich wiederhole, muss die beiden Regisseure dieser Show anschreiben und um eine Zugabe bitten (ich wäre in jedem Fall gerne wieder dabei).
Mach es wie Google mit Embeddings
Google zerlegt Wörter in Vektoren und verwandelt damit Keywords in Zahlen. Dadurch kann der Algorithmus die „Nähe“ von Wörtern zueinander und damit den semantischen Zusammenhang zwischen ihnen besser verstehen. Um mehr Sichtbarkeit zu erreichen, sollten wir das, mit Hilfe von Embeddings, genauso machen. So die Empfehlung von Sebastian Erlhofer.
Zugegeben; ein technisch anspruchsvoller Vortrag über Vektoren, Semantik und Google Colab ist morgens um 09:00 Uhr, nach einer rauschenden SMX-Party-Nacht, eine besondere Herausforderung. Aber was Sebastian in seinem Track herausgearbeitet hat, war nichts anderes als eine Step-by-Step Anleitung, um es Google gleichzutun.
Ähnlichkeit und Nähe
Dabei hat er nicht nur sein Wissen geteilt, sondern auch seine Präsentation, inklusive Tool-Empfehlungen, vorgefertigten Skripten und einem „how to“, auf dessen Umsetzung und Testing ich mich sehr freue. Für eine effektive SEO-Optimierung zählt eben nicht nur die Häufigkeit (Keyword-Dichte) und die Platzierung (z.B. H1-Struktur), sondern genauso die Ähnlichkeit und Nähe.
Und genau diese Nähe kannst du mit der Embedding-Technologie für jedes Keyword identifizieren und nachbauen. Ich unterschreibe die Expertise von Sebastian zu 100%, dass diese semantische Optimierung nachhaltig zu mehr Sichtbarkeit führt.
Ein Hauch von James Bond liegt in der Luft
Bei der Keynote von Dale Betrand bekamen wir es erstmal mit der Angst zu tun. Nicht nur, dass der President von Fire & Spark in seinem früheren Leben Super-Computer für die NSA entwickelt hat, mit denen ein Terror-Score für jeden Bürger der USA und auch der EU erhoben wurde.
Er teilte uns außerdem mit, dass unsere Websites für die Informationsbeschaffung und Entscheidungsfindung unserer Zielgruppen in Zukunft obsolet sind, denn beides wird nicht mehr auf unseren Seiten erfolgen. Trotzdem müssen wir mit unseren Inhalten überall dort präsent sein, wo sich die Menschen informieren, um als Marke wahrgenommen zu werden.
Keyword Targeting vs. Intent Targeting
Google, unsere Haupt-Traffic-Quelle, wird schon heute vermehrt nur als Navigation benutzt, um zu einem Ort zu gelangen, der bereits bekannt ist, oder um nach einer Brand zu suchen, für die ich mich bereits entschieden habe. Diese Ausführungen von Dale hatte Rand Fishkin am Vortag mit zahlreichen Statistiken belegt.

Citations (Erwähnungen) deiner Marke von anderen auf relevanten Plattformen werden deshalb immer wichtiger. Noch wichtiger ist die Tatsache, dass wir endlich aufhören müssen über Keyword-Optimierung oder Keyword-Targeting zu sprechen. Denn worauf wir unsere Websites ausrichten sollten, ist auf das Keyword mit der richtigen Suchintention.
Intent Targeting ist das Zauberwort, was eigentlich längst kein Zauberwort mehr sein sollte, was aber immer noch viele nicht verstanden haben. Am Ende brach Dale Bertrand es auf eine simple Formel herunter: Wir müssen uns wieder auf unsere Kunden und Kundinnen konzentrieren und nicht auf Suchmaschinen.
Science-Fiction pur
Auf den Track von Greg Gifford hatte ich mich im Vorfeld besonders gefreut, weil ich seinem Fachwissen bereits in zahlreichen SemRush Kursen zu Local SEO lauschen durfte, und auf diesem Gebiet ist Greg wahrhaft eine Ikone.
Der COO von Searchlab bezeichnet sich selbst als vollkommen „crazy“ und so war sein Vortrag auch eine fantastische Achterbahnfahrt durch Science-Fiction sowie Splatter Movies gepaart mit geballtem Fachwissen zur Optimierung der lokalen Sichtbarkeit.
Wer nach Greg’s Track nicht weiß, wie Local SEO, mit UGC aus dem Google Unternehmensprofil, auf ein neues Level gehoben werden kann, dem oder der ist nicht zu helfen. Und so nebenbei weiß ich jetzt ganz genau, welche Horrorfilme ich mir demnächst ansehen sollte. Danke für den wilden Ritt, Greg😉
Black Hat is back?
150 Folien in 45 Minuten? Das schafft nur ein Wahnsinniger aus New York mit dem Namen Mike King. Die letzte und erneut überragende Keynote der SMX überrollte einen geradezu mit Insights und Learnings aus der Welt des iPullRank Gründers.
Für Mike war das alles selbstverständlich, aber ich hätte ihm gerne zwischendurch zugerufen „Stop! I have to see that!“. Wie schön, dass er seine Präsentation im Nachgang geteilt hat und ich tiefer in die Materie einsteigen konnte. Was bei mir am meisten hängengeblieben ist, ist keine Empfehlung, sondern eine Frage: Dürfen wir wieder Black Hat SEO betreiben?
Keine Guidelines bei LLMs
Eigentlich ist die Frage nach der Wiederbelebung des Wilden Westens im SEO recht naheliegend. Schließlich haben generative Suchmaschinen wie ChatGPT (Conversational Search Engines, wie Mike sie nennt), noch keinerlei Guidelines. Bei Google sind diese nach und nach auch deswegen entstanden, weil Black Hat SEO betrieben wurde (und funktioniert hat).

Mike King sprach in diesem Zusammenhang beispielhaft über Cloaking, was bei Google einen Penalty zur Folge hätte, aber bei ChatGPT kein Problem sein dürfte – eben wegen fehlender Guidelines. Er warf sogar einen Use-Case an die Wand und wandte mit einem Schmunzeln ein, dass dies kein Ratschlag, sondern nur eine Feststellung sei.
Demand Gen performt
Nach so viel SEO war ein spannender SEA-Ausflug zu den aktualisierten Demand Gen Kampagnen von Google Ads mit Emilia Spangenberger genau das richtige. Sie skizzierte alle kommenden Änderungen, viele Best Practices und machte deutlich, dass Demand Gen als Kampagnentyp sehr stark performen kann, aber auch mit Vorsicht zu genießen ist.
Dank passender Produktintegrationen und der zukünftigen Option der Netzwerkauswahl (Discovery, Gmail, YouTube, Display) performen Demand Gen Kampagnen im E-Commerce sehr gut, sind für Lead-Generation aber nur bedingt geeignet und machen im B2B-Bereich kaum Sinn.
Niemals Rebranding und Domainwechsel parallel
Joost de Valk lieferte einen vorzüglichen „SEO Guide to Domain-Migrations“ und plauderte aus dem Nähkästchen seines reichen Erfahrungsschatzes, was bei einem Relaunch und speziell bei Domainwechseln alles schiefgehen kann.
Die Liste scheint endlos und selbst dann, wenn du glaubst alles schon erlebt zu haben, kommt noch ein Worst-Case um die Ecke geschlichen. Seine „Case-Study“ zum Relaunch des britischen Guardian war spannend, eindrucksvoll sowie erschreckend zugleich und seinem Rat, niemals parallel ein Rebranding und einen Domainwechsel zu veranstalten, sollten alle folgen, die keine Suizidgedanken hegen.
Good Clicks & Bad Clicks
Zum krönenden Abschluss nahm uns Christopher Wagner mit in seine Learnings aus dem Google Leak und wie wir diese für unsere tägliche SEO-Arbeit nutzen können. Allein für die Erkenntnis, dass Google Klicks auf Suchergebnisse in „Good Clicks“ und „Bad Clicks“ einteilt und für die Einordung die Verweildauer auf der Zielseite heranzieht, hat sich das Zuhören gelohnt.
Damit ein Klick in der Google-Suche auf den Treffer der eigenen Website nicht als Bad Click gewertet wird, was sich negativ auf dein Ranking auswirkt, sollte die Verweildauer nicht unter 80 Sekunden liegen. Ab 200 Sekunden darfst du dich über die Kategorisierung als Good Click freuen, die einen entsprechend positiven Impact auf die Sichtbarkeit hat.
Das Fazit zur SMX
Kurz und knapp: Es war großartig. Qualität, Organisation, Catering – das Gesamtpaket war einfach top und ich habe jetzt schon mein Ticket für 2026 in der Tasche. Am Ende haben es, bis auf ein paar hoffentlich rehabilitierte Schnapsleichen von der SMX-Party, auch alle überlebt. Inklusive Google und SEO😉