“Stelle sicher, dass deine Seite vom Googlebot und anderen Suchmaschinen leicht gecrawlt und indexiert werden kann”. Normalerweise ist das eine der ersten Empfehlungen, die dir ein SEO oder eine Online-Marketing-Expertin geben.
Doch jetzt kommen viele Stimmen auf, die genau das Gegenteil empfehlen. Du solltest bei KI-Chatbots wie Perplexity und SearchGPT nicht für eine gute Crawlbarkeit sorgen, sondern deren Bots sogar ausschließen.
In der Online-Marketing-Branche ist eine hitzige Diskussion darüber entbrannt, wie mit den KI-Chatbots umgegangen werden soll. Was die Hintergründe sind und ob eine Sperrung tatsächlich eine sinnvolle Maßnahme für dich ist, beleuchten wir in diesem Blog-Beitrag.
Content-Diebstahl
Auf dem SEO-Day 2024 in Köln bezeichnete Searchmetrics Gründer & SemRush SVP Marcus Tober die Indexierung von Inhalten durch Perplexity oder SearchGPT als „im Grunde den größten Diebstahl in der Geschichte des Internets“. Mit dieser Aussage steht er bei weitem nicht allein da.
Die Begründung ist, dass dein wertvoller Content (der auch dein geistiges Eigentum ist) von den KI-Chatbots übernommen und mit den Inhalten von durchschnittlich sechs anderen Quellen verarbeitet wird, ohne dass deine Marke oder du als Autor*in dabei eine große Rolle spielt. Dein Content ist sichtbar, aber du bist es nicht.
Der Unterschied zur klassischen Suchmaschine
Bisher wurde dein Content gecrawlt und wenn dieser richtig gut war, erschien ein Auszug davon prominent in der Google Suche, inklusive Link zu deiner Website. Der Ursprung der Inhalte war für Nutzer*innen sofort ersichtlich und du hattest dein Ziel erreicht, mehr Reichweite für dein Unternehmen und mehr Traffic für deine Website zu generieren.
Bei Perplexity, SearchGPT und auch bei Google’s AI Overview (was in der EU noch nicht ausgerollt ist) verschmelzen deine Inhalte aber mit denen von Dritten. Der Urheber ist nicht mehr wirklich ersichtlich, der gesamte Inhalt findet im Ökosystem der Plattform statt und die Wahrnehmung deiner Marke oder gar Klicks auf deine Website bleiben aus.
Aber es gibt doch Quellen
Nun wirst du dich vermutlich fragen: „Aber die Quellen, auf denen die Antworten der KI-Chatbots beruhen, werden doch inklusive Verlinkung ausgewiesen“. Das ist richtig. Aber hat das irgendeinen Mehrwert für dich?
Die Wahrnehmung deiner Marke als sechste Quelle im Kleingedruckten eines Chatverlaufs ist in jedem Fall bedeutend geringer, als wenn deine Marke den Content als prominentes Suchergebnis selbst abliefert.
Belastbare Studien, wie viele Klicks anteilig auf die Quellen von Chat-Antworten abfallen, gibt es noch nicht wirklich. Aber erste Datenerhebungen nähren die Vermutung, dass da nicht viel für dich zu holen ist. Aktuelle Statistiken zur Nutzung von Suchmaschinen untermauern diese These.
Zero-Clicks sind die Regel, nicht die Ausnahme
Vor über 20 Jahren, in den Anfangszeiten der Google Suchmaschine, führten nahezu 100% der Suchanfragen zu einem Klick auf ein Suchergebnis. Doch diese Zeiten sind lange vorbei. Spätestens seit der Einführung des Knowledge Graph im Jahr 2012 steigt die Anzahl der Zero-Click-Searches kontinuierlich an.
Zero-Click-Searches sind Suchanfragen, die keinen Klick auf ein Suchergebnis zur Folge haben, sondern eine weitere Suche oder gar keine weitere Handlung. Im Jahr 2019 überstieg der Anteil der Zero-Click-Searches erstmals die Grenze von 50%. Heute liegt der Anteil an Suchen ohne Klicks auf Suchergebnisse in Europa bei 59,7%.
Die Mehrheit der Google Nutzer*innen bleibt im Mikrokosmos der Suchmaschine und wechselt nicht mehr zu einer Website. Tendenz seit Jahren steigend. Wie wird sich der Anteil an Zero-Click-Searches erst entwickeln, wenn nicht mehr dutzende von Suchergebnissen angezeigt werden, sondern nur noch ein paar Quellen als Randnotizen?
Die Chancen eine Quelle zu sein, sind gering
Aber nicht nur die steigenden Zero-Click-Searches drosseln deine organische Sichtbarkeit enorm. Auch der wesentlich geringere Umfang an angezeigten Domains in KI-Chatbots schrumpft deine Chancen weiter drastisch ein.
Am Beispiel des Google Index in UK, wo Google’s KI-Chatbot „AI Overview“ in der Google Suche bereits ausgerollt ist, hat Sistrix-Gründer Johannes Beus die Wahrscheinlichkeit analysiert, von der KI als Quelle genannt zu werden.
Nur 1,5% der Domains im Index bleiben übrig
Im UK-Index der klassischen Google Suche finden sich laut Sistrix 18.404.705 unterschiedliche Domains. Viele Player haben große Chancen unter den vielen Suchergebnissen gelistet zu sein. Die Chancen auf ein Featured Snippet, welche meistens über den herkömmlichen organischen Treffern zu sehen sind, sinken rapide um über 97%. Nur noch 491.606 verschiedene Domains werden hier zitiert.
Bei AI Overview, dem KI-Chatbot von Google, verbleiben nur noch 274.455 Domains, die als Quelle zitiert und verlinkt werden. Das bedeutet, nur aufgerundet 1,5% aller Domains aus dem Index haben die Möglichkeit eine Quelle zu sein.

Fazit
Fassen wir zusammen: Von mehr als 18 Millionen Websites im Google Index schaffen es gerade einmal 1,5% als Quelle in den KI-Chatbot. Der Wettbewerb um diese wenigen Plätze dürfte enorm werden und die Chancen auf Sichtbarkeit im Vergleich zu normalen Suchergebnissen minimieren sich.
Aber selbst, wenn deine Website als Quelle genannt wird, bleibt der Nutzen mehr als fraglich. Schon jetzt führen nur noch etwa 40% aller Suchanfragen zu einem Klick auf eine Website. Und das in der Google Suche mit zehn prominent dargestellten organischen Treffern pro Seite. Dieser Wert wird in KI-Chatbots wie Perplexity weiter deutlich sinken, weil Klicks auf Quellen wesentlich unwahrscheinlicher sind als Klicks auf SERPS. Was fangen wir jetzt damit an?
Option 1
Ja, sperre die KI-Chatbots. Die Chancen auf eine Quelle und daraus resultierendem Traffic sind so gering, dass die Sperrung reiner KI-Chatbots wie Perplexity oder SearchGPT keinerlei Einfluss auf deine Sichtbarkeit haben werden und auf diesem Weg behältst du wenigstens die Hoheit über dein geistiges Eigentum.
Schon sehr bald werden diese Plattformen Gewinne erwirtschaften müssen und ihre Tore für Advertising öffnen. Dann kannst du gezielt, kontrolliert und wertschöpfend den gewünschten Traffic einkaufen, ohne deinen Content ohne Gegenleistung verschenken zu müssen.
Option 2
Nein, sperre die KI-Chatbots nicht. Die Wahrscheinlichkeit auf eine Quelle sowie auf Klicks mögen sehr gering sein. Aber das ist der aktuelle Stand und die Entwicklung ist rasant. Wer weiß, wie sich die Rahmenbedingungen verändern. Es wird niemanden kümmern, wenn du in den KI-Chatbots als Quelle nicht stattfindest. Aber wenn du indexiert wirst, besteht wenigstens die Möglichkeit gefunden zu werden.
Als vor Jahren die Sprachassistenten den Markt eroberten, wurden Suchmaschinen für tot erklärt. Und was ist passiert? Herzlich wenig und Voice-Search ist heute ein verstaubter Trend von gestern. Sich jetzt den KI-Chatbots zu verweigern, wäre eine ähnlich voreilige Schlussfolgerung.
Was in jedem Fall gilt
Die Relevanz von Werbeanzeigen in Suchmaschinen wird weiter steigen und in KI-Chatbots werden die Ads kommen. Online-Marketing-Strategien müssen diverser werden und die Konzentration auf nur einen Kanal als Traffic-Goldesel wird zukünftig in eine Sackgasse führen.
Die Entwicklung der Zero-Click-Searches und die Möglichkeiten auf Sichtbarkeit in KI-Chatbots legen nahe, dass der Fokus auf nur eine Plattform ein schwerwiegender Fehler sein kann. Wenn du nur auf einem Kanal richtig stattfindest und dieser eine grundlegende Veränderung erfährt, findest du unter Umständen gar nicht mehr statt.